Der Bunte Schritt

Wir haben es geschafft. Nach vier Tagen und 2000km in einem engen LKW quer durch die Atacama Wüste reisend, sind wir endlich in Valparaíso angekommen. In Valparaíso? Wollten wir nicht eigentlich nach Santiago de Chile?

Jap… das war der ursprüngliche Plan. 1950km hatten wir Santiago als unser Ziel stets vor Augen, nur um uns 50km vorher umzuentscheiden. Warum man das macht? Ganz einfach… weil man sich sein eigenes Klugreden zu Herzen genommen hat. Wir sprachen im vorherigen Beitrag über die Bedeutung eines Lebenssinns und die Kraft, die er einem verleiht. Wir fanden heraus, dass jeder äußerlichen Bewegung immer eine „innere Bewegung“ vorausgehen muss, die ihr die notwendige Energie verleiht. Dadurch realisierten wir, dass auch vor jedem Ersten Schritt ein zusätzlicher Schritt geschehen muss, der ihm seinen Impuls gibt. Diesen Schritt nannten wir den Grundschritt. Denn jeder Handlung geht ein Grund voraus. Doch Wissen ist bekanntlich nicht mehr wert als ein feuchter Furz, wenn man es nicht anzuwenden weiß. Deshalb überlegten wir, was unsere Grundschritte für diese Reise Barfuß um die Welt im Allgemeinen und für Santiago de Chile im Konkreten waren.
Im Allgemeinen dreht sich diese Reise um den Aufbau einer neuen Zukunft, in der wir uns jeden Tag ausschließlich mit jenen Dingen beschäftigen können, die wir lieben und die uns Freude bereiten. Wir wollen unsere Berufungen finden, um uns durch sie in dieser Welt zu verwirklichen.
Zum einen lieben wir das Sprachenlernen und wollen später als Sprach-Coaches anderen Menschen beim Erlernen einer Sprache helfen. Spanisch stand ganz oben auf unserer Liste, weswegen ein Aufenthalt in Südamerika fast unumgänglich war.
Zum anderen gibt es da meine Leidenschaft zum Schreiben und Kata´s Leidenschaft zu Kunst und Fotografie. Beides lässt sich ganz hervorragend während des Reisens verbinden und verwirklichen.
Zu guter Letzt sind wir beide unersättliche Lerner. Wir haben Euch im letzten Beitrag dazu aufgefordert, Euch über Euren Grundschritt in diesem Leben bewusst zu werden und wir hoffen ihr habt Euch die Zeit geschenkt und es auch getan. Es kann einem an vielem im Leben fehlen, doch niemals sollte es ein Lebenssinn sein. Wenn ihr beispielsweise uns nach unserem WARUM im Leben fragen würdet, dann wäre es schlichtweg LERNEN. Egal ob es sich um Instrumente, Sprachen oder Sportarten handelt, wenn Du etwas kannst, was wir nicht können, dann wollen wir es lernen. Einfach deshalb, weil uns der Prozess des Lernens riesige Freude bereitet. Am meisten jedoch, wollen wir die Lektionen und Gesetze des Lebens begreifen. Es ist ein unbeschreibliches inneres Bedürfnis, dass Leben jeden Tag etwas mehr zu verstehen. Und das Reisen in fremde Kulturen, fernab jeglicher Komfortzone, bietet wohl die besten Gelegenheiten, um neue Dinge zu erfahren und intensiv zu lernen.

Das sind unsere Grundschritte die diese Reise, nach all den vorhergehenden Fehltritten, unumgänglich machten. Demnach suchen wir natürlich nach Orten, in denen wir inspirierende Natur oder Architektur und offenherzige Menschen finden würden. Doch schon ganz zu Beginn unserer Reise lernten wir auf die harte Tour, dass eine Millionenmetropole wohl nicht der richtige Ort dafür ist. Damals war es Lima, was uns durch seinen Schmutz, Lärm und hektischen Menschenmassen schnell auf den Boden der Tatsachen holte. Jetzt waren wir wieder auf dem Weg in eine Millionenmetropole und fragten uns nach dem Grund. Wir mögen weder Menschenmassen, noch Lärm, noch Verkehrschaos, noch Abgasluft, noch graue Hochhäuser, noch städtische Trauerfressen. Auch hatten wir keinen Ort in Santiago im Kopf, den wir unbedingt sehen wollten. WARUM wollten wir also in diese Stadt? Weil es alle tun! Määäähhh! Wenn man schon mal in Chile ist, muss man sich doch wenigstens einmal die Hauptstadt angesehen haben, richtig? Falsch! Wenn es keinen der eigenen Grundschritte erfüllt, muss man das nicht. Deswegen entschieden wir uns kurzer Hand um. Und wohin wir stattdessen wollten, war nicht schwer zu entscheiden, denn eine Stadt blieb nie unerwähnt, wenn wir mit anderen Leuten über Santiago de Chile sprachen. Valparaíso! Ein jeder empfahl uns unbedingt diesen Ort zu besuchen, weil es eine Hochburg für Künstler und Kreativgeister ist und seine Häuser in den buntesten Farben bemalt sind. Zudem ist Valparaíso wesentlich kleiner als Santiago und direkt am Meer gelegen, was es nur umso interessanter macht. Wir waren also 1950km lang auf dem Weg in eine überfüllte, laute, dreckige und graue Stadt, während direkt nebenan eine kleine, gemütliche, saubere und bunte Stadt lag. Warum? Weil wir unser Reiseziel nicht mit unseren Grundschritten abgeglichen hatten. Doch zum Glück viel uns der Fehler noch rechtzeitig auf. Wir baten unseren LKW-Fahrer Jorge, uns an einem großen Abzweig vor Santiago abzusetzen, von dem aus wir leicht Anschluss nach Valparaíso finden würden. Nach 4 Tagen Wüste ähnelte die Aussicht auf eine kunterbunte und lebenslustige Stadt am Meer dem Eintritt in eine wundervolle neue Welt. Wir fühlten uns wie Leonardo und Kate, die mit ihrer Titanic auf dem Weg in eine bessere Zukunft waren. Und mit 0% Chance auf Eisberge genossen wir die restliche Fahrt auf unserer blauen LKW-Titanic mit Kapitän Jorge.

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Foto: Kataleya von Rosenberg

Vom Abzweig der Panamericana nach Valparaíso gönnten wir uns ausnahmsweise einen Bus, der uns schnellstmöglich ans Ziel bringen sollte. Die Fahrt dauerte nochmal zwei Stunden, doch wir genossen die Natur und die kleinen Villen, welche auf dem Weg lagen. Gegen 15 Uhr war es dann soweit und wir erreichten Valparaíso. Wie immer hatten wir keine Ahnung, wo wir die Nacht verbringen würden. Der Plan war, an einem der Strände Valparaísos zu zelten, doch wir sollten bald herausfinden, dass das nicht so einfach sein würde wie erhofft. Fast die gesamte Küstenlinie dieser Stadt ist mit großen Steinen oder Hafenanlagen bedeckt. Erst am nördlichen Ende gibt es einige Strände, an denen Campen zwar möglich, aber verboten ist. Bei unserer Ankunft hatten wir diese nützliche Information jedoch noch nicht, weswegen wir zielstrebig von der Bushaltestelle zum Meer liefen. Vor dem Wasser waren einige Hinweisschilder verteilt, welche die ein oder andere Aktivität als strickt verboten kennzeichneten. Unter anderem das Fischen, Schwimmen, Campen und Feuermachen. Wir waren erleichtert, dass wenigstens Atmen noch erlaubt war und fragten uns, was man denn sonst an einem Meer machen sollte. Wahrscheinlich hätten wir sofort kehrtgemacht und nach einer anderen Übernachtungsmöglichkeit gesucht, wenn Kata nicht die kleinste Blase der Welt hätte. An einem kleinen Wassersportzentrum, welches Kajaks verlieh (jaaa, das war erlaubt) durfte Kata die Toilette nutzen, während ich ein wenig mit den Mitarbeitern schwatzte. Wie auch schon in Putre waren alle sehr offen und interessiert an unseren Erfahrungen. Ich fragte sie, ob es in Valparaíso ein gutes Plätzchen zum Übernachten gäbe, aber viel Hoffnung machten sie mir nicht. Vielleicht waren es meine traurigen Hundewelpenaugen, das Bedürfnis herzlich zu sein oder beides in Kombination, welches Raquel dazu bewegte, uns einen Platz in ihrem kleinen 8qm Studentenapartment anzubieten. Wie erleichternd das für uns war. Wir setzten uns und plauderten noch ein wenig, bis ihre Schicht zu Ende war, als plötzlich ein wildfremder Mann vorbeikam und uns zwei eisgekühlte Biere in die Hand drückte. Er sagt Prost, lächelte herzlich und ging weiter. Da ist man nun 4 Tage lang durch die Wüste gereist und alles, was man hatte, war pisswarmes Wasser und plötzlich stellt einem ein unbekannter Mensch zwei kalte Flaschenbiere vor die Nase. Erinnerst Du Dich noch an die «Kette des Gebens» und den Herzensschritt? Den kannten und gingen anscheinend auch die Menschen dieser Stadt, was uns sofort ein Gefühl des Willkommenseins gab. Ich hätte ihm gerne mal einen ordentlichen Knuddler gegeben, aber er war so schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war. Doch zum Glück hatten wir auch gelernt, dass man die Geschenke des Lebens nicht zwangsläufig zurückgeben, sondern weitergeben muss. Und irgendwann wird auch uns eine halb ausgetrocknete Seele begegnen, dessen Kehle sich nach einem kühlen Bier verzehrt. 😉

Wir erzählten Raquel von unserer bisherigen Reise und tranken gemeinsam die beiden Biere, während wir auf ihren Dienstschluss warteten. Danach machten wir uns auf den 4km langen Weg zu ihr nach Hause. Wir stellten uns dieses Studentenwohnheim wie jene in Deutschland vor. Doch hier wohnen die Studenten nicht in großen, viereckigen Betonbauten, sondern sind in kleine Wohnhäuser, quer über die gesamte Stadt verteilt. Hat man einmal einen Blick auf diesen Teil Valparaísos geworfen, in dem Raquel wohnte, dann weiß man auch, dass ein quadratischer Betonklotz hier niemals Fuß fassen könnte. Sei es nun Mensch oder Gebäude.

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Foto: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Die gesamte Stadt ist am Hang eines großen Hügels errichtet. Die Straßen sind steil und schlängeln sich teilweise einem Fluss gleich den Berg hinunter. Im Zentrum der Stadt existieren drei Stadtteile, welche Valparaíso zu seiner „Berühmtheit“ verhalfen und das typische Bild dieses Ortes prägen. Hier gleicht kein einziges Haus dem anderen. Die Fassaden sind in den buntesten Farben gestrichen und mit beeindruckenden Mosaiken verziert. Auf dem Weg zu Raquels Apartment konnten wir nur einen kurzen Blick dessen erhaschen, doch der reichte schon aus, um uns tief zu beeindrucken.

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Foto/ grafische Gestaltung: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Noch viel imposanter wurde es für uns jedoch, als wir nach einer halben Stunde Bergmarsch bei Raquel ankamen. Hoch über den Dächern der Stadt gelegen, bot dieses kleine Häuschen eine wundervolle Aussicht über Stadt und Meer. Raquel kochte für uns und nach einem langen Abend im Kreise ihrer Freunde und gutem chilenischen Wein, machten wir es uns auf dem Boden dieses kleinen Zimmers gemütlich und schliefen tief und fest bis zum nächsten Morgen.

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Foto: Kataleya von Rosenberg

Gegen 7 Uhr erwachte ich als Erster aus meinem Dornröschenschlaf. Ich ging in die Küche, machte mir einen Kaffee und freute mich auf einen ruhigen Start in den Morgen. Noch ahnte ich nichts von der Gesellschaft, die ich während des Schreibens dieser Worte haben sollte. In Mitten dieses farbenfrohen Ortes, eingefärbt durch das goldene Licht der aufgehenden Sonne, saß ich auf der Dachterrasse dieser Villa Kunterbunt zwischen Hühnern, Gänsen, Hunden und Katzen. Nach 4 Tagen trockener, lebloserscheinender Wüste scharrte sich nun Leben in verschiedensten Formen um mich, während ich auf den endlos erscheinenden Ozean blickte.

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Foto: Kataleya von Rosenberg

Das ist die „Große Gehende“ in all Ihrer atemberaubenden Polarität. Ich schrieb ein paar Zeilen und nach und nach wurden auch alle anderen wach. Wir frühstückten gemeinsam und machten uns alsbald auf, zu einer ganz privaten Stadtführung. Zu viert schlenderten wir durch die bunten Gassen Valparaísos, während Raquel und ihr Freund uns viel von über die Geschichte und Bedeutung der einzelnen Orte erzählten. Da beide Tourismus studieren, waren wir in äußerst guten Händen. Wir besuchten Museen, Kunstgalerien und Märkte. Es war ein traumhaft sonniger Tag, die Menschen schienen gelöst und glücklich und die Stimmung des gesamten Viertels wirkte entspannt und frei.  Wenn man emotional nicht komplett abgestumpft ist, muss solch eine Stimmung einfach ansteckend wirken, weswegen sich auch unsere Anspannung der letzten Tage langsam löste und gemeinsam mit den Blumen um uns herum, etwas Leichteres und Fröhlicheres in uns erblühte. Wir verbrachten einen wunderschönen Tag miteinander, bis wir uns zum Abend hin verabschiedeten und in ein Hostel umzogen. Aus 2-3 Nächten, die wir ursprünglich in dieser Stadt verbringen wollten, wurde eine ganze Woche und ich glaube, wir hätten gut und gerne auch doppelt so lange bleiben können.

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Foto/grafische Gestaltung: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Jeden Tag aufs Neue schlenderten wir mit Notizbuch und Kamera durch die Gassen und selbst wenn man fünfmal die selbe Straße hinunterging, entdeckte man stetig etwas Neues. Jedes einzelne Haus hatte seine individuelle Form und es existierte keine Fassade, die nicht bunt angemalt war.

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Foto: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Die Menschen nutzten hier alles was sie fanden, um ihre Häuser zu verschönern. Korken, Glasscherben, Flaschenböden, alte Fließen, Ölfarben oder Graffiti. Valparaíso ist der lebende Beweis, dass man kein Geld braucht, um etwas schön und farbenfroh zu gestalten. Alles was es braucht, ist Kreativität und Einfallsreichtum. Man braucht bunte Gedanken, weiter nichts!

Die Graffitis Valparaísos darf man allerdings nicht mit den verblödeten Schmierereien der meisten Großstädte verwechseln, wo kleine Jungs das Bedürfnis verspüren, ihre Namen größtmöglich an jede verfügbare Fläche zu kritzeln, um ihr Revier zu markieren, ohne zu bemerken, dass ihr Verhalten dem der meisten Hunde gleicht, besonders der kleinen Fußhupen, welche immer höchstmöglich an jede Mauer pinkeln müssen, um zu zeigen, dass sie jemand sind.

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Foto: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

In Valparaíso sind Graffitis wahre Kunstwerke. Jeder hat hier die Möglichkeit, seiner eigenen Kreativität und Individualität freien Lauf zu lassen. Die Menschen dieser Viertel haben nicht viel, aber sie machen das Beste aus dem, was sie haben. Da werden aus Ästen, Brettern und Seilen Regale erreichtet und leere Plastikflachen zu Blumen- und Kräutertöpfen umfunktioniert, anstatt im Meer entsorgt zu werden wie in anderen Städten. Glasscherben landen an Mauern in Form von Mosaiken, anstatt sinnlos auf der Straße herumzuliegen. Und einst triste, graue Treppen werden bunt verziert, um wahre Kunstwerke zu ergeben.

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Foto/grafische Gestaltung: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Nach einigen Tagen fiel uns auf, wie sich Architektur und Menschen gegenseitig zu beeinflussen schienen. Je bunter und verrückter ein Stadtteil war, umso bunter und verrückter schienen auch die Menschen, die dort wohnten. Ihre Kleidung war ausgefallener, ihr Lebensstil untypischer und ihre Gärten chaotischer. Wir übernachteten beispielsweise in einem ″Hostal″, dass vielmehr einer abgefuckten Wohnung glich. Es hatte nur ein einziges Zimmer. In dem schlief normalerweise der Besitzer. Doch immer dann, wenn er eine Buchung hatte, packte er seine gesamten Sachen und zog hinaus ins Treppenhaus, wo er dann übernachtete. Jeden Abend bekam er Besuch von seinen Freunden und es wurde ″Musik″ gemacht. Sie tranken viel, rauchten viel und färbten sich die Haare pink. Frühmorgens fand man dann den ein oder anderen von Drogen erschöpften Körper auf der Wohnzimmercouch vor, als man gemütlich schreiben wollte. Unumstritten die vielleicht negativere Seite des „freien und kreativen Lebens“.

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Foto/grafische Gestaltung: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch einen Stadtteil Valparaísos, indem sich sämtliche Banken der Region tummeln. Hohe, verglaste, rechteckige Betonbauten in schickem Grau, Schwarz oder Weiß gestrichen. Die Kleidung der dort lebenden und arbeitenden Menschen ähnelte einander sehr. Hosenrock und Anzug waren die angesagte Mode. Die Menschen lächelten etwas weniger und liefen etwas steifer. Es war einfach eine komplett andere Atmosphäre, als im bunten „Happy Viertel“.

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Foto: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Zwischen diesen beiden Extremen existierte jede weitere gesellschaftliche Schattierung. Ein Arbeiterviertel, ein Fischerviertel, ein Villenviertel und ein Armenviertel. Alle hatten ihren eigenen Scharm und ihre eigene Atmosphäre. Wir ließen uns eine Woche Zeit, um jedes einzelne besuchen zu können. Meist konnte man schon anhand der getragenen Kleidung erkennen, in welchem Viertel man sich befand. Außerdem vielen uns die unterschiedlichen Reaktionen bezüglich unseres Barfußgehens auf. Von Freude und Erstaunen über Verwunderung bis hin zu Verachtung war alles dabei. Uns schien es, als würde zwischen den Gebäuden, den Bewohnern und ihren Kleidungsstücken eine unsichtbare Verbindung bestehen, mittels derer sich alles gegenseitig beeinflusst und verstärkt. Je weniger Farbe und Individualität wir in einem Viertel fanden, umso weniger wurden diese Dinge dort auch akzeptiert. Man schaute uns kopfschüttelnd auf die Füße und dreht sich lachend zu Seinesgleichen um. Gerne rümpfte man auch das hübsche Näschen und legte seine Stirn in Falten, um der Verwunderung oder Verachtung gebührend Ausdruck zu verleihen. Es ist erstaunlich, aber die Reaktion auf Andersartigkeit lässt einen tief in das Wesen der Leute blicken. So als könne man schon am Gesichtsausdruck erkennen, ob der Mensch in seiner Freizeit am liebsten FlipFlops, Schnürschuhe oder Springerstiefel trägt.

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Foto: Kataleya von Rosenberg

An einem unserer letzten Tage gingen wir erneut durch die bunten Viertel Valparaísos, als eine Art des Abschiednehmens. Dabei kamen wir an einem Kindergarten vorbei, dessen Mauern von oben bis unten komplett mit bunten Mosaiken verkleidet waren. Die Kinder hatten gerade Mittagspause und spielten auf dem Hof. Es war ein lautes und wildes Durcheinander, bei dem es weder Regeln noch Sinn zu geben schien. Echtes Spielen halt! Eine Art Spielen, die wir alle schon längst verlernt haben. Ich folgte mit meinem Blick einem kleinen Mädchen, welches laut schreiend ihre Kreise drehte. Da ich sehr gerne das Geh-Verhalten anderer Menschen beobachte, um herauszufinden, was „natürliches Gehen“ wirklich bedeutet, lag meine gesamte Aufmerksamkeit der ersten Minuten ausschließlich auf der Frage, ob sie mit den Fußballen oder Fersen zuerst aufkam (falls du nicht weißt, was Ballengang bedeutet, hier erklären wir es: Der Herzensschritt). Die kleine war ein ganz hervorragendes Studienobjekt, da sie tatsächlich barfuß war und ihre Motorik verriet, dass sie noch nicht allzu lange alleine laufen konnte. Gerne würde ich allen Interessierten die Frage beantworten können, welchen Teil ihres Fußes die Kleine am meisten nutzte, doch das ist schlichtweg unmöglich. Hier gab es kein Weiß oder Schwarz. Hier gab es ausschließlich BUNT! Die zehn Minuten, die ich sie beobachtete, waren eine Vermengung aller nur vorstellbaren Gangarten. Mal rannte sie auf ihren Ballen einem Fußball hinterher, dann blieb sie stehen, stampfte wütend mit ihrer Ferse auf und ging schweren Schrittes weiter, weil jemand anderes schneller war. Dann drehte sie sich plötzlich wild im Kreis, fiel hin, rollte sich über den Boden und taumelte zur Bank. Dabei sah es so aus, als würde sie vorsichtig mit der gesamten Fußfläche aufkommen. Während sie auf der Bank saß, tippelten die Füßchen wild auf der Stelle, bis sie es nicht mehr aushielt, wieder aufstand und sich auf Zehenspitzen an eine Freundin heranschlich, um sie zu erschrecken. Die beiden begannen Fange zu spielen, wobei die Kleine manchmal vorwärts, dann rückwärts und bald schon seitwärts rannte, um ihre Verfolgerin immer im Blick haben zu können. Danach waren beide so außer Atem, dass sie im entspannten Fersengang zu einer Bank gingen und sich ausruhten, nur um 30 Sekunden später wieder aufzustehen und auf ihren Ballen wild im Kreis zu springen.

Was für eine Gangart konnte man hier demnach beobachten? Richtig! Die Gangart Bunt. Denn hier war alles dabei. Gehen, Laufen, Rennen, Sprinten, Schleichen, Hüpfen, Springen, Drehen, Tanzen, Stampfen, Watscheln, Stolpern, Drippeln und Hopsen. In nur 10 Minuten! Das bekommen die meisten von uns nicht einmal in 10 Jahren hin! Meist benutzte die Kleine den Fußballen, doch ab und zu auch die Ferse. Aus Spaß ging sie zwischendurch sogar mal auf den Fußaußenkanten oder watschelte wie ein Pinguin auf der gesamten Fußfläche hin und her. Ich glaube, es gab keinen Millimeter ihrer Fußsohle und keinen noch so kleinen Winkel in ihren Gelenken, der in diesen 10 Minuten nicht benutzt wurde. Wenn ich mir überlege, wie wir ″Erwachsene″ unseren Körper, durch unsere immer gleichen schwarz-weißen Schritte, ständig in ein und der derselben (und meist noch ungesunden) Position belassen, dann wundert es mich nicht mehr im Geringsten, dass alles schmerzt, ziept und letztendlich verfällt. Ein wenig mehr Farbe in unseren Schritten, wenigstens ein Königsblau in Form des gelegentlichen Ballengangs, würde unserem gesamten Bewegungsapparat unheimlich guttun.

Wir gingen weiter und ich dachte über die Bedeutung dessen nach, was wir gerade beobachtet hatten. Ich fragte mich, was uns der Bunte Schritt noch alles erzählen kann. Da Valparaíso direkt an einem Hügel erbaut wurde, gibt es beim Spazieren ein ständiges Auf und Ab. Mal läuft man die steilen Fußwege nach oben, mal läuft man hinunter. Mal ist der Untergrund sauber und glatt, mal dreckig und uneben. Mal geht man über Asphalt, mal über Schottersteine, mal über Kopfsteinpflaster. Die Straßen Valparaísos und deren Untergründe sind so vielfältig wie seine Häuser und Menschen. Dabei kam mir eine Sache in den Sinn, die mir schon vor einiger Zeit auffiel, welcher ich bloß keine große Bedeutung zugemessen hatte. Auch Kata und ich wechselten spontan unsere Gangart, wenn es die Umstände erforderten. Auf sehr harten, unebenen oder steinigen Untergründen gehen wir ausschließlich im Ballengang. Auf eher weichen Untergründen, wie einer Wiese oder am Strand, genießen wir auch mal den Fersengang. Beim Laufen, Rennen, Springen und Sprinten sind wir stets auf dem Ballen oder den Zehenspitzen unterwegs. Beim „schnellen Schritt“ auf einer ebenen Straße wechseln wir jedoch auch gerne mal auf die Ferse, weil es sich trotz des „Dongsens“ runder anfühlt. Gehen wir jedoch einen Hügel oder Treppen auf und ab oder schlendern gemütlich beim Stadtbummel umher, dann ist der Ballengang unser Mittel der Wahl. Diese Wechsel geschehen meist ganz unbewusst und automatisch. Manchmal haben wir das Bedürfnis eher auf der Ferse zu gehen, doch dann wechselte der Untergrund plötzlich auf grob-steinig und mit ihm auch unsere Gangart, hin zum Ballengang. Es schien eine körpereigene Intelligenz zu geben, die ganz automatisch auf die veränderten Umstände reagierte. Damit liefen wir ganz ohne unser Zutun schon etwas bunter. Doch hier kommt der entscheidende Punkt. Das funktioniert natürlich nur barfuß! Sobald man sich einen Schuh überstreift, latscht man einfach über alles hinweg, was einem in den Weg kommt, weil es für einen selbst keinen Unterschied macht. Der Körper braucht das Barfußgehen, um richtig auf den Untergrund reagieren zu können, da nur die Sohlen ihm das nötige Feedback über das geben können, was da unten eigentlich los ist.
Meist bewegen Kata und ich uns im Ballengang fort. Schreiten, Schleichen, Springen, Laufen, Rennen, Sprinten, Tanzen, Klettern. All diese Dinge macht man ganz natürlich auf den Ballen. Doch mit unserem ″modernen″ Schuhwerk haben wir all das verlernt. Früher, als die Mamut-Pizza noch nicht nach Hause geliefert wurde und man seinen haarigen Hintern tatsächlich vom Couch-Stein erheben musste, um Jagen zu gehen, waren all diese „Gangarten“ ein ganz normaler Teil des Alltags. Heute hingegen ist es ja schon ein Problem, die Menschen zu bitten, drei Schritte rückwärts zu gehen, ohne dabei zu stürzen und sich jeden Knochen im brüchigen Leib zu brechen.

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Foto: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Doch wir erkannten noch eine viel wichtigere Sache. Manchmal wollten wir völlig unabhängig von den äußeren Umständen einfach schnell gehen und manchmal langsam. Manchmal bevorzugten wir grundlos den Fersengang vor dem Ballengang. Manchmal wollten wir mit Leichtigkeit schreiten und manchmal mit Schwere stampfen. Manchmal wollten wir hüpfen, obwohl es keine Spinnen gab und springen, obwohl es keine Hürden gab. Manchmal hatten wir sogar Lust einfach mal ein wenig zu rennen, obwohl wir es nicht eilig hatten. Da realisierten wir, dass es nicht nur die äußeren Umstände sind, die unsere Gangart beeinflussen, sondern auch unsere inneren Verfassungen, die dem Gehen seinen Ausdruck verleihen. Genauso wie bei dem kleinen Mädchen, welches wir beim Spielen beobachtet hatten. Für sie wäre es absolut unmöglich gewesen, sich zwischen Schwarz oder Weiß zu entscheiden. Sie wählte stattdessen Grau… und den gesamten Rest der Farbpalette. Für sie gab es keine Regeln, kein festes Gangmuster. Sie ging einfach bunt! Mal folgte sie den Farben des Lebens, den äußeren Umständen, und mal folgte sie den Farben des Herzens, den inneren Umständen. Ihr Gang war fließend und nicht starr, weil er keinen ″flotten Ideen″ oder Studienergebnissen folgte. Ihr Gehen war flexibel, spontan, frei und BUNT! Genauso wie der Kindergarten und das Viertel, in dem sie spielte.

Ich persönlich liebe die Leichtigkeit, die Flexibilität und die Anmut des Ballengangs. Doch ab und zu mag ich auch die Kraft, die Schwere, die Festigkeit und die Direktheit des Fersenganges. Könnte es sein, dass jede Farbe seine Berechtigung im Leben hat?

Ich glaube zutiefst, dass das Gehen einen starken Einfluss auf unsere emotionale Welt ausüben kann und die meisten Menschen viel zu viel Sackgang betreiben, indem sie ständig über die Hacken durchs Leben hacken. Doch das größere Problem besteht vielleicht darin, dass wir uns alle in unsere Schutzhülle Schuh zurückziehen und uns damit von den unterschiedlichsten Einflüssen des Lebens abschirmen. Würden wir uns nur trauen etwas bunter zu werden und unsere Komfortzone ″Schuh″ wenigstens ab und an zu verlassen, dann würden wir sehr schnell merken, wie unser Körper sich ganz automatisch auf die verschiedensten Farben des Lebens einstellt. Dann ertappt man sich vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes dabei, wie man plötzlich auf den Ballen umhertappt. Wenn man die Füße von ihren Schwitzbuden befreit, bekommt man vielleicht sogar mal wieder jenes Bedürfnis, welches man als Kind zum letzten Mal verspürte. Nämlich das auf den Zehenspitzentanzen oder Fersenstampfen. Einfach deshalb, weil man sich in diesem Moment danach fühlt. Barfuß haben wir die Chance unsere Schritte wieder bunter werden zu lassen, was Körper und Geist beleben wird. Mir hat einmal ein Orthopädieschuhmacher gesagt (der aufgrund seines Berufs ein großer Freund des Barfußgehens war), dass das größte Problem unserer geschundenen Füße darin besteht, dass sie immer in der gleichen Ebene benutzt werden. Früher ging man über Stock und Stein, bergauf, bergab, mal rennend, mal schleichend, mal gehend, mal springend. Und das Ganze natürlich barfuß. Da herrschte noch Leben im Gehen, weil das Gehen noch im Leben herrschte. Da war das Gehen noch so bunt, wie die Gesichter der heutigen Mädels in der Disko. Da herrschte bis ins hohe Alter noch Leben im Schritt. In jeglicher Hinsicht! 😉 Doch durch unsere Schuhe und flachen Straßen haben wir unsere Sohlen dieser Möglichkeit beraubt, genauso wie wir unsere Seelen durch unsere Komfortzonen dem bunten Leben berauben. Verstehst Du? Auch hier sprechen Gehen und Leben wieder die gleiche Sprache. Wir leben tagein tagaus in unserer grauen und flachen Komfortzone, die wir „Alltag“ nennen. Unsere Seele und unser Geist werden ständig nur in einer Ebene benutzt und müssen deshalb langsam abstumpfen. Würden wir es schaffen diesen Schuh, genannt Alltag, von unseren Seelen abzustreifen, dann könnten wir wieder die gesamte Farbenpracht dieses einzigartigen Lebens erfahren. Die meisten Leute sind so im Hamsterrad ihres Alltags gefangen, dass es ihnen vor jedem neuen Tag graut und sie nie auf die Idee kommen, einfach mal etwas Farbe in ihr Leben zu lassen. Verstehst Du? Wenn es Dir vor Deinem Alltag graut, dann ist er zu GRAU! Das heißt, Du musst Farbe in Dein Leben lassen. Dann buntet es Dir vorm nächsten Tag vielleicht mal wieder.


Wenn es Dir vor Deinem Leben graut, dann ist es zu grau!
Lass Farbe hinein! Dann buntet es Dir auch wieder davor.


Doch dafür musst Du Dein Seelchen aus dem Stinkeschuh ″Komfort″ befreien und ihr wieder „freien Lauf“ lassen. Ohne Regeln, Ängste oder Sorgen. Ohne Verhaltensmuster, Glaubenssätze oder Erziehungsstrukturen. Und vor allem ohne die Befürchtung, was andere über Dich denken könnten. Warst Du nicht lange genug grau unter Grauen? Und was hat es Dir gebracht, außer dass es Dir vor allem graut?

Ich glaube es wird Zeit für eine Discokugel in Deinem Herzen, die bunt in alle Richtungen strahlt, damit Du wieder einmal Dein Tanzbein schwingen kannst, bevor der Sensenmann kommt und etwas anderes schwingt. Denn eines ist sicher… irgendwas muss geschwungen werden.

Ich glaube es wird Zeit, dass Du wieder mal ein paar Seifenblasen zum Platzen bringst, anstatt all Deine Träume platzen zu lassen. Denn eines steht fest… irgendwas muss immer platzen.

Ich glaube es ist an der Zeit, dass Du wieder einmal nackt in einem Gebirgsbach badest, damit nicht all Deine Wünsche baden gehen. Denn eines ist Fakt… irgendwas muss gebadet werden.

Und dann geschieht nämlich ein Wunder. Wenn man sich selbst erlaubt bunt zu leben und bunt zu gehen, dann erlaubt man es automatisch auch seinen Mitmenschen. Hier in Valparaíso erkannten wir, dass die Menschen genauso bunt und farbenfroh sind, wie seine Häuser und Viertel. Und alles hatte seinen besonderen Charme. Nicht in jedem Haus würden wir wohnen wollen und nicht mit jedem Menschen würden wir zusammenleben wollen, doch weißt Du was? Das ist okay! Vollkommen okay! Nichts ist falsch daran, solange wir anderen Menschen erlauben in IHREN Farben zu strahlen, weil auch wir in unseren Farben strahlen wollen. Und wenn wir sie nicht näher kennenlernen wollen, dann schauen wir ihnen halt aus der Ferne beim Leuchten zu. Anders macht es der „Große Lachende“ da oben auch bloß nicht. Er schaut uns allen beim Strahlen zu und genießt das Spektakel. Und wahrlich muss es ein atemberaubendes und einzigartiges Spektakel sein.

Deswegen sehne mich nach dem Tag, an dem auch wir uns dieses Spektakel erlauben. In uns und um uns herum. An dem wir verstehen, dass bunt sein lebendig sein bedeutet und jede Farbe ihren Platz im Leben hat.

Ich sehne den Tag herbei, an dem mich eine Oma auf der Straße im Hopserlauf überholt, weil sie Lust hatte zu hüpfen und ihr es scheiß egal war, was die anderen denken.

Den Tag, an dem der Ur-Opa mit seinen Ur-Enkeln durch Fützen springt und im Schlamm Fußball spielt, weil ihm Spielen wichtiger ist als Sauberkeit. An dem die Ur-Oma mit ihren Ur-Enkeln im Park Blumenkränze flechtet, anstatt Kaffeekränzchen zu veranstalten.

Den Tag, an dem Vater und Sohn Wasserbomben auf Nachbars Familie werfen und diese lachen und den Gartenschlauch holen, anstatt die Polizei zu rufen. An dem die Grünflächen in Parkanlagen mit einem „Betreten verpflichtend“ Schild versehen sind und Bäumeklettern zum guten Ton gehört.

Den Tag, an dem der Opa seinen Enkeln zeigt, wie man Fürze richtig anzündet, welche Getränke sich für die lautesten Rülpser eignen und mit welchem Kaugummi man kopfgroße Blasen machen kann.

Den Tag, an dem die Eltern wütend werden, wenn die Hose nach dem Spielen ihres Kindes immer noch sauber ist, weil ein Baum ungeklettert und eine Fütze ungesprungen blieb. An dem sich die ganze Familie mit Picknick Körben ins Auto setzt und zum Ende eines Regenbogens fährt, weil die Kinder Gold suchen möchten.

Das wird der Tag, an dem wir den Mut entwickeln, über uns hinaus zu wachsen und das tun, was wir wollen, egal was andere über uns denken könnten. An dem wir feste Gang- und Verhaltensmuster hinter uns lassen, weil wir erkennen, dass Spontanität die beste Antwort auf des Lebens bunte Fragen und steten Wandel ist.

Der Tag, an dem wir es uns erlauben wieder etwas bunter zu denken, etwas bunter zu fühlen, etwas bunter zu gehen und etwas bunter zu leben. An dem Anderssein Gutsein bedeutet, weil wir verstanden haben, dass sich das Leben in unendliche vielen Farben und Fußspuren manifestiert und keine jemals besser sein kann als die andere.

Diesen Tag sehne ich herbei! Und es wird ein bunter Tag! Ein Tag…

… an dem das Gelächter der Menschen durch die Straßen bebt
Mauern erschüttert und Seelen belebt.

An dem aus dem Trampeln der Massen ein Tanze entsteht
Hände sich fassen und Feindschaft vergeht.

An dem Freudengesänge den Kampfschrei verdrängen
Und wir den Grauen die Farben des Lebens beimengen.

Das wird auch der Tag, an dem man sein Kind nicht mehr bittet lieb zu sein, sondern es stattdessen bittet lebendig zu sein. An dem man gehen darf, wie man sich fühlt und dadurch begreift, dass man sich fühlt, wie man geht. An dem man spielend leicht lebt, weil man lebendig spielt und die Lebensfreude darum neue Rekorde erzielt.

Ein Tag, an dem man sich weder schämt gelb zu sein unter Grauen, noch grau zu sein unter Gelben. An dem der Mensch versteht, dass des Lebens Farbe Bunt heißt, in der von Schwarz über Grün bis Weiß jede Nuance enthalten ist und er mutig genug wird, um in allen Farben zu strahlen, in denen ihn das Leben einst malte. Denn das ist alles, was es braucht. Ein klein wenig Verständnis für den Bunten Schritt des Lebens und den Mut ihn auch zu gehen. Darum frage ich Dich.

Hast Du den Mut zum Bunten Schritt?

2 Replies to “Der Bunte Schritt”

  1. Das freut uns sehr. 🙂 Und letzendlich sind es nicht nur die Menge der Farben, die ein schönes Leben ausmachen, sondern ihr Zusammenspiel. Am Ende aller Tage muss jeder von uns mit dem Bild, welches er gemalt hat und Leben nennt, zufrieden sein. Und ich sah schon so manche schwarz-weiße Bleistiftzeichnung, die mich tiefer berührte als bunte Farbkleckse in allen Varianten.

    Wir haben Euch lieb,

    Jonathan und Kataleya

  2. Dieser Bericht ist wie auch der vorherige sehr interessant und macht Appetit auf immer mfreudeehr solche wunderbaren Geschichten und Erlebnisse, dazu die tollen Fotos von Kata.Einfach großartig!!
    Die bunte Welt und das Leben sind ansteckend und erfreuen uns, auch wenn wir doch eher etwas grauer, oder vielleicht blasser unser Leben verbringen. Ich bin sehr glücklich, dass Ihr die Gelegenheit habt und Euch die Zeit nehmt, solche großartigen Erlebnisse und Erfahrungen zu machen.
    Dadurch wird Euer Leben so vielfältig und reich, dass Ihr sicher lange, sehr lange davon zehren könnt. Und wir können uns im „Schatten“ auch ein wenig Glanz in unseren Alltag holen. Jedenfalls genießen wir es sehr, weiterhin so schöne und bildhafte Beschreibungen Eurer Reiseerlebnisse und Bekanntschaften von Euch zu bekommen. Für Euch viel Glück und Freude bis zum Wiedersehen.
    LG Oma und Opa

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