Der Zwischenschritt

Es gibt eine Vielzahl Gesetze im Universum, welche unser Leben maßgeblich beeinflussen. Eines dieser Gesetze ist das Gesetz des Endes. Man sollte wissen, wie man eine Arbeit, einen Tag oder einen Abschnitt einer Reise gut beendet. Das ermöglicht einen frischen Neubeginn. Wir lassen das Alte hinter uns, nehmen nur die Lektionen des Lebens mit und wagen abermals einen Ersten Schritt. Das ermöglicht einem, das Kommende mit der Unvoreingenommenheit kindlicher Augen zu betrachten. Aus diesem Grund wollen wir unseren Reiseabschnitt „Peru“, mit all den gelernten Lektionen und gemachten Erfahrungen, mittels dieses Zwischenschrittes beenden. Nur so ergibt sich Raum für einen Neuanfang mit anderen Erfahrungen.

Auf unserer Reise „Barfuss Um Die Welt“ haben Kata und ich uns verschiedenste Ziele gesteckt. Ich möchte schreiben, Kata möchte fotografieren und wir beide wollen die jeweiligen Landessprachen lernen. Das Wichtigste unserer Ziele haben wir jedoch noch nicht so klar definiert. Am besten lässt es sich mit den Worten ›Über-sich-hinauswachsen-wollen‹ beschreiben. Jeden Tag ist es unser Ziel ein klein wenig besser werden zu wollen. Das geht manchmal gut und manchmal geht es gar nicht. Wenn es gar nicht geht, liegt es meist daran, dass man selbst nicht geht. Statt für den Fortschritt, hat man sich für den Stillstand entschieden. Warum man sich manchmal so entscheidet, weiß ich nicht. Aber ich bin mir sicher wir werden den Grund dafür noch während dieser Reise entdecken. Schließlich müssen wir uns nur selbst jeden Tag beobachten. Das ist übrigens auch die beste Art zu lernen ›Über-sich-hinaus-zu-wachsen‹. Du musst selbst Dein bestes Versuchskaninchen sein. Nichts in der Welt kann Dir mehr über Dich lehren, als Du selbst. Klingt logisch, oder? Wenn also auch in Dir die Flamme lodert, das Beste zu sein, was Du werden kannst oder das Beste zu werden, was Du bist, dann ist ›Versuchskaninchen-spielen‹ der einfachste Weg. Doch die einfachsten Sachen sind ja bekanntlich die schwersten, weswegen uns glücklicherweise noch andere Wege zur Verfügung stehen, um etwas über die Welt und uns selbst dazu lernen zu können. Ein sehr effizienter Weg wäre zum Beispiel mit Hilfe eines Lehrers oder einer Lehrerin. Doch die wiegen meist zu viel und außerdem haben wir in unseren Rucksäcken sowieso schon zu wenig Platz. Wir mussten also andere Wege finden. Und zwei Wege standen uns überall und rund um die Uhr als Lehrmeister zur Verfügung.
Das Leben und das Barfußgehen. Besonders auf Ersteres sollte man, wenn man den Drang nach Selbstvervollkommnung besitzt, sein Augenmerk legen. Denn ich bin zutiefst davon überzeugt, dass uns das Leben in jedem einzelnen Moment seine Geheimnisse und Gesetze offenbart. Die Frage ist nur, ob wir die richtigen ″Augen″ besitzen, um sie zu ″sehen″.
Da wir das Gehen und insbesondere das Barfußgehen lieben und es mit viel Aufmerksamkeit beschenken, erkannten wir erstaunliche Gemeinsamkeiten zwischen den Lektionen des Lebens und den Lektionen des Barfußgehens. Als wir diese Lektionen dann auch noch auf uns als Versuchskaninchen projizierten, kamen wir nicht umher zu erkennen, dass uns beide Sachen das Gleiche lehren wollen. Bloß in anderer Form. In diesem Zwischenschritt wollen wir also die letzten sechs Wochen unserer Reise und die damit verbundenen Schritte Revue passieren lassen. Es ist ganz wundervoll zu sehen, dass diese vier Schritte, welche das Leben für uns zu Beginn dieser Reise aussuchte, so perfekt zusammenpassen.

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Foto: Kataleya von Rosenberg

Diese Reise begann in Lima und führte uns an der Westküste bzw. ″West-Wüste″ Perus entlang nach Punta Hermosa, wo wir Percy kennenlernten. Er sollte uns interessanterweise, mit seiner Geschichte über seine ent-täuschende Erfahrung in den USA, einen ziemlich direkten Blick in die Zukunft und auf die uns bevorstehenden Erfahrungen geben, ohne dass wir es damals ahnten. Hier lernten wir auch die Kraft und Bedeutung des Ersten Schrittes kennen.


Danach zog es uns weiter nach Lunahuana, wo wir zwischen Bergen, Flüssen, alten Inkastätten und tausenden Moskitos zum ersten Mal unser Tipi-Zelt errichteten.

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Foto: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Zwischen den scharfkantigen Steinen dieser Region wurde uns das Risiko, als ständiger Begleiter eines jeden Schrittes, bewusst. Hier lehrten uns Leben und Barfußgehen den Riskanten Schritt.

Nach diesen sehr erholsamen Tagen reisten wir weiter nach Paracas. Hier verbrachten wir knapp zwei Wochen in einem riesigen, mit hunderten Menschen gefüllten Hostel. Wir lernten, warum ein Hurricane nicht der richtige Ort für Selfies ist, warum die Wüste nicht der richtige Ort zum Rasenmähen ist und dass ein prall gefülltes Hostel nicht der richtige Ort für familiäre, peruanische Sprach- und Kulturerfahrung ist.

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Foto: Kataleya von Rosenberg | Bearbeitung: https://pkfotografie.com

Kurz um… hier lernten wir sowohl die Bedeutung eines messbaren IQ´s, als auch den Fehltritt kennen.

Nach zwei Wochen Sandburgenbauen ging es weiter zur Oase Huacachina, wo wir lernten warum ein technischer Vollidiot unter keinen Umständen versuchen sollte, den frisch veröffentlichten Blog zu „verbessern“. Denn hier kam mir die flotte Idee, ich könnte, wo wir kurz vorher schon unser Kameraobjektiv geschrottet hatten, auch noch den mühsam aufgebauten Blog kurz nach Erstveröffentlichung löschen. Kann man machen… muss man aber nicht! Jetzt wissen wir jedoch, dass man, wenn man gegen 21.00Uhr von einem Technikidioten die Worte:

Ich möchte nur noch schnell diese eine Software installieren.

hört, sich die nächst beste Bratpfanne schnappt und ihm aus purer Liebe ordentlich eins überknüppelt! Nach dieser kurzen und dunklen Wüstennacht wollten wir schnell weg, in etwas erfreulichere Gefilde.
Deswegen reisten wir ins ″Tal-der-Trauer″ (Nanasqua). Da wir gelernt hatten, dass es das Leben liebt, den Gehenden Strafrunden zu schicken, wiederholten wir einen Teil unserer Fehltritte und verbrachten erneut Zeit in einem, mitten in der staubigen Wüste liegenden Hostel. Hier wuchs der Drang nach unserem eigentlichen Ziel unserer Reise, dem chilenischen Patagonien, ins Unermessliche. Wir mussten also dringend weiter in Richtung Süden.

Die nächstgrößere Stadt war Arequipa. Auch wenn sie in unseren Beiträgen unerwähnt geblieben ist, so ist sie doch ein Ort, der einen längeren Besuch wert ist. Auf über 2000m Höhe gelegen und umgeben von Vulkanen, war es für uns die bis dato schönste und sauberste Stadt Perus.

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Foto: Kataleya von Rosenberg

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Foto: Kataleya von Rosenberg

Hier wollte es der Zufall auch so, dass wir Jon kennenlernten. Einen ganz liebenswürdigen jungen Briten mit einem erfrischenden Hang zur Selbstironie.

Jon sollte, mit seiner Geschichte vom
Gipsarm-fressenden-Schokoriegelautomaten″, der vom Leben geplante, sehr erheiternde Abschluss unserer Fehltritte sein.

An dieser Stelle wird es auch endlich Zeit, Euch den Ausgang all unserer Fehltritte zu verraten.


1. Selfies im Hurricane

Das Kameraobjektiv ist immer noch versandet und zerkratzt. Doch nach etwas Experimentieren stellte sich heraus, dass es die Qualität der Fotos nicht beeinflusst, solange man das Objektiv minimal ausgefahren hat. Hier bestätigte sich der deutsche Volksmund, der da sagt: Dumm hat Schwein!“.

2. Gelöschter Blog

Nachdem ich den Blog gelöscht und fünf Stunden vollkommen sinnlos versucht hatte ihn wiederzubeleben, stand ich nachts um drei Uhr in Huacachina am Rande des geistigen Totalzusammenfalls. Meine mentale Situation war so zugespitzt, dass ich mich sogar um den Verlust meiner, mühselig während meiner Schulzeit erarbeiteten, 7 IQ-Punkte zu fürchten begann. Diese selbst für eine Nacktschnecke erschreckend niedrige Zahl schaffte es jedoch, eine unheimliche Vielzahl mehr oder minder kreativer Lösungsvorschläge zu produzieren. Alle beinhalteten das letztendliche Anzünden und Zertrampeln des unschuldigen Laptops. Der einzige Grund, warum ich diese Gedanken nicht in die Tat umsetzte, war die Reihenfolge.
Erst anzünden, dann zertrampeln? Barfuß überlegt man sich das zweimal.
Glücklicherweise bewahrte mich das Barfußgehen vor großer Dummheit. Und wie es so oft der Fall ist, wenn man krampfhaft nach einer Lösung sucht. Sie kommt meist dann, wenn man aufhört darüber nachzudenken. Mir fiel plötzlich ein, dass der Blog ja auf einem Server gespeichert war. Und auch wenn meine eigene Backup-Datei beschädigt war, es sein könnte, dass der Serverprovider (der, dem der Server gehört und bei dem ich „Platz“ anmiete) vielleicht auch regelmäßige Backups der Daten anlegt. Ich kontaktierte ihn und es stellte sich heraus, dass er einmal täglich die Daten sichert. Eine Stunde später war der Blog wieder auferstanden aus Ruinen. Damit war nur die Arbeit des vorhergehenden Tages und nicht der letzten acht Wochen verloren. Dieser klitzekleine Rückschritt war innerhalb von zwei Stunden wieder aufgeholt und so existierte der Blog pünktlich um sieben Uhr früh wieder auf demselben Stand, wie vor meinem geistigen Ausfall. So als wäre nichts gewesen.

Manchmal hat Dumm halt nicht nur Schwein.
Dumm hat manchmal eine richtig fette GLÜCKSSAU!


3. Der arme Jon

Und was den Fehltritt des armen Jons angeht. Zwei Tage nach unserem zufälligen Treffen gestattete ihm seine Auslandskrankenversicherung großzügigerweise den Rückflug. Diese hatte sich wohl etwas pingelig. Die deutlich eingegipsten Arme und der Bericht des Arztes waren anscheinend nicht Grund genug, um Jon nach Hause zu lassen.

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Foto: Kataleya von Rosenberg


Da mussten schon noch Röntgenbilder beigefügt werden! Diese jedoch verschafften ihm dann das erhoffte Ticket gen Heimat. Seitdem stehen wir auch in Kontakt. Abgesehen davon, dass wir uns den Namen teilen, liebt Jon (Kurzform für Jonathan) ebenfalls das Schreiben. Er hat seinen Job in England aufgegeben und ist in Südamerika auf Reisen gegangen, um Zeit zu haben sein erstes Buch zu beenden. Wie klein die Welt doch manchmal ist.

 


So endete in Arequipa unsere Lektion des Fehltrittes, die man am besten mit den Worten beschreiben kann: 

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Foto: Kataleya von Rosenberg

Mit unserem Ziel Chile vor Augen, zogen wir weiter nach Tacna, der Grenzstadt Perus. Von dort aus würde uns ein Bus direkt über die Grenze nach Arica, der nördlichsten Stadt Chiles, bringen. Während wir früh morgens um vier Uhr in Tacna standen und auf besagten Bus warteten, welcher das Ende unserer Peru-Erfahrungen darstellte, unterhielten wir uns ausgiebig über die gemachten Erfahrungen, samt der begleitenden Gefühle und Gedanken. Infolgedessen lernten wir den Enttäuschenden Schritt kennen.
Diese Lektion stufe ich für mich persönlich als die Wichtigste ein, denn abgesehen davon, dass es die schwerste Lektion war, bildete sie einen wunderschönen Abschluss dieses ersten Kapitels unserer Reise und ermöglicht uns einen ganz frischen und unvoreingenommenen Blick auf Chile, samt seiner Menschen, Kultur und Natur werfen zu können. Da wir ent-täuscht wurden, haben wir keine unrealistischen Erwartungen mehr an das Land. Unsere Augen sind jetzt offen für andere Dinge.

Das Barfußgehen war uns bei diesen Lektionen des Lebens zugleich großartige Hilfe und großartiger Arschtritt. Denn ohne die Aufmerksamkeit auf dem Barfußgehen, hätten wir diese Lektionen wahrscheinlich nicht erkannt. Es fungierte als Übersetzer, indem es die Sprache des Lebens für unsere Sohlen und Seelen spürbar machte. Wir können ein ganzes Leben lang über die Wichtigkeit reden, auf eigenen Füßen zu stehen, seinen Lebensweg zu gehen und anstatt einheitlicher Schuhstapfen eine individuelle Fußspur zu hinterlassen. Doch das, was uns das Gehen und das Leben lehrte, war es, den Ersten Schritt zu wagen. Es ist der Gehende, der den Weg bewältigt!


Es ist der Gehende, der den Weg bewältigt!


Und dieser Weg beginnt mit dem Ersten Schritt. Wenn du dich fragst wie sich Gras, Sand, Asphalt, Kies und Regen unter Deinen Füßen anfühlt, kann Dir nichts und niemand eine Antwort darauf geben. Dann musst Du Dich wagen, Deine Fußschwitzbuden auszuziehen und die ersten zaghaften Schritte barfuß zu machen! Das Gleiche gilt auch fürs Leben. Du kannst 1000 Selbsthilfebücher lesen, die Bibel oder den Koran auswendig lernen, Meisterin des Yogas, des Thai-Chis, der Kristalheilkunde, des Kartenlegens oder des Wünschelrutengehens sein. All das ist schön, aber vollkommen nutzlos, wenn Du Dich nicht traust das Gelernte in Deinem Leben aktiv anzuwenden, indem DU den Ersten Schritt auf Deinem eigenem Lebensweg wagst. Doch was hält die meisten Menschen davon ab, die Massentreter an den Nagel zu hängen und barfuß die eigene Fußspur zu hinterlassen? Das Risiko! Plötzlich ist das zarte Füßlein der Umwelt schutzlos ausgeliefert. Alles zwickt und kniept. Mal ist´s den Füßen zu heiß und viel zu oft ist´s viel zu kalt. Die Angst, beim ersten Schritt barfuß auf eine öffentliche Straße tausend Tode zu sterben, steigt ins Unermessliche. Selbst der eigene frisch gesaugte Perserteppich scheint plötzlich nicht mehr sicher.

„Was machst Du nur, Du verrücktes Huhn!? Kannst doch nicht einfach ohne Hausschuhe und Haussocken zu Hause rumlaufen. Die heißen doch nicht umsonst so. Irgendjemand wird sich schon etwas dabei gedacht haben.“

Dieser letzte Satz ist übrigens eines der deutlichsten Anzeichen dafür, dass eine Person jegliche Verantwortung zum eigenständigen Denken, mittels gesundem Menschenverstand, abgegeben hat und fortan der Meinung und der Taten anderer Leute folgt. Das Problem ist nur, dass meist auch jene Leute dasselbe dachten und somit keiner mehr wirklich eigenständig denkt. Wo das hinführt kann nur mit Schrecken erahnt werden. Aber zurück zum Thema.

Was hindert uns daran den Ersten Schritt zu tun? Vor was fürchten wir uns? Die meisten haben Angst vorm Risiko. Doch ist Angst es wert, den Sohlen frische Luft und direkten Kontakt mit dem Leben zu verweigern?
Das ist so, als würde man sich raus an die frische Luft stellen, aber sich nicht trauen tief einzuatmen, aus Angst die Luft könnte nach Furz riechen.

Ja…. Nach Furz!

Denn nichts anderes sind die Risiken beim Barfußgehen. Sie sind so schwerwiegend, wie ein warmes Fürzchen an einem lauen Sommerabend. Wer will denn schon einen Abend voller Blütenduft, Vogelgezwitscher und glutrotem Sonnenuntergang verpassen, nur weil er Angst hat, die frische Luft könnte irgendwann einmal nach Furz riechen?

Keiner!

Ganz im Gegenteil! Für so einen Abend schnuppert man sich auch gerne mal durch drei oder vier Fürze durch. Stimmt’s oder hab ich recht? So ist´s auch beim Barfußgehen. Sicher besteht das Risiko, dass es mal kurz zwickt, wenn man auf ein spitzes Steinchen tritt. Doch das ist auch schon das größte Risiko, was man in 99% der Fälle eingeht. Und dieses Risiko wiegt so viel, wie ein warmer Furz. Nämlich nichts! Möchte ich deswegen auf das Gefühl von taunassem Gras, warmem Sand, kühlendem Granit, weichem Moos, knisterten Blättern und warmen Regengüssen unter meinen Füßen verzichten? Im Leben nicht! Ich würde über glühende Kohlen laufen, um das erleben zu dürfen. Was ist dagegen schon das zwicken eines spitzen Steinchens? Und genauso ist´s im Leben! Schon allein bei dem Gedanken aus unserer Komfortzone herauszukommen und ein Risiko einzugehen, scheißen wir uns fast ein! Wir malen uns hundert Ängste aus und bilden uns tausend Risiken ein, dass der Schlüpfer schneller zwischen den Knien hängt, als wir „Upps“ sagen können. Und dann riecht´s nämlich tatsächlich nach Furz!
Verstehst Du? Verstehst Du die entzückende Ironie des Ganzen? Wir sind so sehr darauf konditioniert, Angst vor den Risiken (Fürzchen) des Lebens zu haben, dass wir unseren Kopf den ganzen Tag lang mit sinnlosen Gedankenfürzen füllen, bis die Angst vor stinkender Luft so groß ist, dass es tatsächlich hinten nur so raussprudelt!
Ja… sprudelt! Wie ein Geysir! Und dann rennen wir schnell wieder hinein ins Haus, stecken unsere Seelen zurück in ihre angenehmen Schühchen und sagen uns: 
„Ich hab´s doch gewusst! Draußen riecht´s nach Furz!“. Dabei haben wir es nicht einmal richtig versucht. Die Schuld lag einzig und allein an unseren eigenen Hirnfürzen. Doch anstatt ein wenig Energie zu investieren und an unseren eigenen Gedankengängen zu arbeiten, damit sie nicht zu sehr unseren Stuhlgängen ähneln, waschen wir lieber dreimal pro Tag die Unterhose aus! Aber dafür ist man ja wenigsten im trauten Heim! Und dort endet man dann auch. Im Heim! All das nur, weil wir Angst vor einem Risiko haben, welches zum allergrößten Teil ausschließlich in unseren Köpfen und ab und zu in unseren Unterhosen existiert.

Sollten wir es uns jedoch tatsächlich gewagen haben, das Risiko des Ersten Schrittes einzugehen und unsere Sohlen und Seelen offen der Welt aussetzen, wird eines nicht ausbleiben. Der Fehltritt. Es kommt der Moment, an dem etwas schiefgeht. Oder an dem wir schiefgehen. Das nennt man Fehler machen. Lernt man aus den Fehlern, nennt man es Wachstum. Und was gibt es im Leben besseres, als jeden Tag ein wenig mehr über sich hinaus zu wachsen. Dieses Recht erwirbt sich aber nur der Gehende. Denn nur wer geht, kann auch Fehler begehen.


Denn nur wer geht, kann auch Fehler begehen!


Und wenn man schon Fehler begeht, dann doch wenigsten auf dem eigenen Weg! Und nicht auf dem Weg, den andere meinten für uns auszusuchen. Was das Barfußgehen betrifft, so hatte ich in den letzten 2,5 Jahren genau zwei Fehltritte. Einmal auf ein armes Bienchen und einmal in einen Haufen Hundescheiße. Beides war meine eigene Schuld. Deswegen tut es mir um das Bienchen heute noch leid. Das war´s mit schlimmen Fehltritten. All die ängstlichen Gedankenfürze völlig für umsonst. Stattdessen tausende noch nie erlebte Gefühle, kräftige und gesunde Füße, verschwundene Rücken- und Nackenschmerzen, verbessertes Gleichgewichtsgefühl, aufrechterer Gang, sichererer Stand und das Entdecken einer ganz neuen Welt. Allein das war alles Risiko dieser Welt wert.
Was jedoch nicht ausbleibt, weder beim Barfußgehen, noch beim eigenen Gehen des Lebensweges, ist Ent-Täuschung.
Das beste Beispiel stellte für uns Katas schlammiger Fehltritt dar, der in der Tat sehr ent-täuschend war.
Auch hier übersetzte das Barfußgehen die Lektionen des Lebens wieder in eine sehr begreifbare Sprache. Trotz des umgebenden Wassers, schien der Untergrund von außen betrachtet sehr fest zu sein. Als sie ihn jedoch betrat und bis zum Knie darin absank, wurden wir sehr schnell ent-täuscht.

Wir lebten in der Täuschung, dies sei ein harter Boden, doch als sich Kata traute ihn zu betreten, entpuppte er sich als etwas ganz Unerwartetes.

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Foto: Kataleya von Rosenberg

Das passiert beim Barfußgehen sehr oft. Nicht das man ständig bis zu den Knien in der Scheiße steht, aber das man sich in Untergründen täuscht. Gras zum Beispiel, sieht manchmal so weich wie eine Plüschdecke aus. Doch wenn Du drauf trittst, fühlt es sich eher wie ″Plaste-Rasen″ an. Schwupps… ent-täuscht. Du schaust aus dem Fenster, es gießt in Strömen und du denkst es wird saukalt an den Füßen. Dann traust Du Dich dennoch barfuß hinaus und… der gesamte Boden ist immer noch von der Sonne aufgewärmt, die kurz zuvor schien. Und das in Pfützen angesammelte Wasser gleicht einem warmen Fußbad.

Im Leben wird es auch nicht ausbleiben, dass wir ent-täuscht werden. Besonders am Anfang nicht. Denn dann sind unsere Er-Wartungen meist so hoch, dass sie das Leben unmöglich erfüllen kann und uns deshalb warten lässt. Deswegen sollte man lernen Ent-Täuschung als das zu sehen, was sie sind. Das Ende einer Täuschung.
Sie lehren uns wichtige Lektionen. Sie helfen uns unsere Er-wartungen auf den Boden der Tatsachen zu holen und die Realität zu erkennen. Und zu guter Letzt sind Ent-Täuschungen die Witze, die uns das Leben erzählt. Wir sollten lernen, über sie zu lachen.



Ent-Täuschung ist das Ende Deiner Täuschung!


Ent-Täuschung ist Deine Lehrerin!
Habe den Mut ihr zuzuhören und von ihr zu lernen!


Ent-Täuschungen sind die Witze, die Dir das Leben erzählt!




So simpel ist es also! Und so klar hängt am Ende alle vier Schritte zusammen.

Wir wagen den Ersten Schritt, gehen Risiken ein, begehen Fehler und werden ent-täuscht.

Ich finde es atemberaubend schön, wie sehr dieser eine Satz so viele Anfänge beschreibt. Denn aller Anfang ist nun mal schwer. Meist will man das aber nicht wahrhaben. Doch wie viel Mühe sich das Leben und das Barfußgehen in den letzten sechs Wochen gegeben haben, um uns gemeinsam diese Lektionen zu lehren. Und wie dankbar wir heute für diese Wegweiser sind.
Damit ist es an der Zeit dieses Kapitel zu beenden und eine neue Seite mit neuen Lektionen aufzuschlagen. Es wird Zeit für den nächsten Schritt…

Auf nach Chile!